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Auswertung der Großen Anfrage "Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt": Landesmittel erhöhen, Theaterpädagogik sichern

Die massiven Kürzungen von Landesmitteln beim Abschluss der Theater- und Orchesterverträge 2013/2014 führten zu erheblichen strukturellen Veränderungen bei einer Vielzahl der bestehenden Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt. Im Sinne einer tragfähigen und qualitativ hochwertigen Theater- und Orchesterlandschaft über das Jahr 2019 hinweg stellte sich für die Fraktion DIE LINKE die Frage, inwiefern die den Kürzungen im Jahr 2013/2014 zugrunde liegenden Ziele der Landesregierung erfüllt wurden bzw. inwiefern die Theaterlandschaft langfristig gesichert ist. Insbesondere im Hinblick auf die derzeitigen Neuverhandlungen der Theaterverträge in Sachsen-Anhalt und die anstehenden Haushaltsverhandlungen stellte die Fraktion DIE LINKE eine entsprechende Große Anfrage zur Situation der Theater und Orchester an die Landesregierung, deren Antwort nun vorliegt. Dazu erklärt der kulturpolitische Sprecher Stefan Gebhardt:

„Die Theater und die Orchester prägen die kulturelle Identität des Landes in besonderer Weise. Die Publikumszahlen sind in den vergangenen Spielzeiten bei den meisten Häusern konstant geblieben oder leicht gestiegen, die Auslastung der Häuser liegt zwischen 70 und 80%, wobei sich insbesondere das Puppentheater besonderer Beliebtheit erfreut und eine Auslastung von über 90 % in Sachsen-Anhalt erreicht.

Insbesondere bei der Vernetzung der theaterpädagogischen Angebote, bei der Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern sowie bei der Erschließung neuer Zielgruppen haben die Theater und Orchester in den vergangenen Jahren erfolgreich vielfältige Maßnahmen unternommen, um ihre landesweite Wahrnehmbarkeit zu stärken.

Die derzeit laufenden Theatervertragsverhandlungen sollen für die Theater und Orchester im Land mehrjährige Planungs- und Finanzierungssicherheit sicherstellen. Unserer Auffassung nach, haben die erheblichen Einschnitte durch die massiven Kürzungen der Landesmittel bei Abschluss der Theater- und Orchesterverträge 2013/14 negative Folgen für den künstlerisch-kulturellen Auftrag der betroffenen Häuser mit sich gebracht. Darüber hinaus bedarf es einer realistischen Kostenbetrachtung für alle Theater und Orchester, die die allgemeinen Preissteigerungen der letzten Jahre mit einbezieht, um solide Vertragsverhandlungen durchzuführen.

Die Absenkung der Landesförderung 2014, die im Zuge der Haushaltskonsolidierung stattfand, betraf die drei Standorte Eisleben, Dessau und Halle. Diese Absenkung hatte Umstrukturierungsprozesse zur Folge, deren Effekte im Verlauf der letzten Jahre deutlich wurden und die es zu analysieren gilt, um in die nächste Förderperiode einzutreten.

Anhand der vorliegenden Zahlen der Großen Anfrage zu den Theatern und Orchestern stellen wir fest, dass diese Umstrukturierungsprozesse in den drei Häusern größte Unsicherheiten bei der Planung und Finanzierung ihrer künstlerischen und kulturellen Aufgaben mit sich brachte und keinerlei positive Effekte zu erkennen sind. Der Transformationsprozess der ehemaligen Landesbühne Eisleben zu einem Kulturwerk wird auch von der Landesregierung als gescheitert erklärt, die TOOH ist realistisch nicht in der Lage, die eng gesetzten Eckwerte und Kennziffern umzusetzen und das Anhaltische Theater Dessau muss mit Spielplanänderungen und Vorstellungsausfall den Strukturanpassungsprozess ausgleichen. Darüber hinaus vermissen wir in der Antwort der Landesregierung die Auflistung der tatsächlichen Zuschüsse der theatertragenden Kommunen in den vergangenen Jahren, die um ein vielfaches höher ausgefallen sind, als die in den Verträgen ausgehandelten Summen.

  1. Laut Antwort der Landesregierung sollen keine weiteren strukturellen Einschnitte in der Theater- und Orchesterlandschaft des Landes vorgenommen werden. Wenn die Grundlage der Verhandlungen jedoch die im Jahr 2014 gekürzten Landessummen darstellen, passiert de facto eine Kürzung.
  2. Wir wollen, dass die drei Standorte, die von der erheblichen Absenkung der Landesförderung 2014 betroffen waren, wieder gestärkt werden und eine angemessene Erhöhung der Landesmittel erfolgt.
  3. Die Grundfinanzierung des Theater Eisleben darf nicht am Konzept des von der Landesregierung als gescheitert erklärten Kulturwerkes bemessen werden.
  4. Neue Einschnitte sind in der theaterpädagogischen Arbeit der Häuser zu erwarten, wenn das Theaterpädagogische Modellprojekt nicht verstetigt und die darin geschaffenen theaterpädagogischen Mitarbeiterstellen und Projekte an den Häusern nicht weitergeführt werden können. Deshalb wollen wir das Projekt verstetigen und sowohl die Theaterhäuser wie die Freie Theater Szene an dieser Stelle weiterhin stärken. Die Empfehlungen der externen Evaluation, die Mitte November zur erwarten sind, müssen in der Haushaltsplanaufstellung 2019 Berücksichtigung finden.
  5. Haustarifverträge werden nach wie vor bei den Standorten Halberstadt/Quedlinburg, Wernigerode und Schönebeck vorgehalten. Um weiterhin tarifgerecht zahlen zu können, müssen auch andere Häuser auf zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen zurückgreifen. Die Landesförderung muss so ausgestaltet sein, dass der Übergang in den Flächentarif vollzogen werden kann, ohne weitere Einsparungen in den kommenden Jahren vornehmen zu müssen.

Daten und Fakten aus der Antwort der Landesregierung:

  • Der Anteil der kommunalen Förderung, um allgemeine Preissteigerungen und Tariferhöhungen auszugleichen, ist in den vergangenen Jahren bei den theatertragenden Kommunen zum Teil deutlich gestiegen und liegt weit über den ausgehandelten Werten in den Theaterverträgen. So zahlt die Stadt Magdeburg statt der verhandelten 16,5 inzwischen 19,2 Millionen Euro. Die Stadt Halle bezuschusst die TOO im Jahr 2017 mit einer Summe von 22,9 Millionen statt der ausgehandelten 20,5 Millionen.
  • Laut Anfrage besteht der aktuelle Investitionsbedarf der Theaterhäuser bei etwa 37 Millionen Euro – im Landeshaushalt stehen 79.600 € für Investitionen für Theater zur Verfügung - hier zeichnet sich ein deutliches Missverhältnis ab, auch wenn weitere Investitionsmittel über PMO bzw. EU Mittel möglich sind. Insbesondere für die Sicherung und Erneuerung der baulichen Substanz, für die Erneuerung der Technik und für die Gewährleistung der Barrierefreiheit benötigen die Theater und Orchester zukünftig Unterstützung.
  • Ohne öffentliche Mittel (Kommune und Land) würden Theaterkarten um ein vielfaches teurer werden, so läge der Preis der Theaterkarte im mittleren Preisniveau im Puppentheater Magdeburg bei 52 € und im Anhaltischen Theater sogar bei 131,40 €.
  • Ein Großteil der Theaterhäuser haben in den vergangenen 6 Spielzeiten ihre Besucherzahlen mindestens halten bzw. leicht steigern können.
  • Über das Theaterpädagogische Modellprojekt wurden in den Jahren 2015 bis 2018 30 Theaterpädagoginnen an sieben Theaterhäusern in Sachsen-Anhalt beschäftigt –darüber hinaus erhielten 23 freie Theatergruppen eine Förderung für theaterpädagogische Maßnahmen.
  • Der Anteil der Landesförderung am Theater Eisleben beträgt im Jahr 2018: 16,24 % - damit liegt der Wert weit unter dem Landesanteil jedes anderen geförderten Theaters in Sachsen-Anhalt.

Anhang


Magdeburg, 3. September 2018