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Zum Leitbild zur räumlichen Gliederung der Öffentlichen Daseinsvorsorge in Sachsen-Anhalt

DIE LINKE strebt für Sachsen-Anhalt, seine Regionen und Kommunen ausgeglichene wirtschaftliche, infrastrukturelle, soziale, ökologische und kulturelle Verhältnisse an.

Zur Ausgangssituation: Die Koalition aus CDU und SPD hat im Dezember 2007 in einem skandalösen Verfahren fast ohne jede parlamentarische Beratung die Grundlagen der künftigen Landesentwicklungsplanung beschlossen. Ein alternativer Entwurf der Landtagsfraktion der LINKEN (Drucksache 5/1015 vom 11.12.2007) fand keinerlei inhaltliche Beachtung und ist ohne jede Diskussion abgelehnt worden. Für die Linke ist es entscheidend, dass in einem breiten demokratischen Diskurs beraten werden sollte, wie in Sachsen-Anhalt unter den konkreten Rahmenbedingungen der vollzogenen Gebiets- und Kommunalreform die Öffentliche Daseinsvorsorge erhalten und entwickelt werden soll.

DIE LINKE strebt für Sachsen-Anhalt, seine Regionen und Kommunen ausgeglichene wirtschaftliche, infrastrukturelle, soziale, ökologische und kulturelle Verhältnisse an.

Die Landesentwicklungsplanung soll einen spezifischen Beitrag zur Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit leisten. Sie muss sich zudem den aus der demografischen Entwicklung - schrumpfende, älter werdenden  Bevölkerung - erwachsenden neuen Fragestellungen stellen.

Im Mittelpunkt steht für DIE LINKE die Zukunft der Öffentlichen Daseinsvorsorge, also die Bereitstellung von Gütern bzw. der Zugang zu Dienstleistungen wie

  •      Energie- und Wasserversorgung,
  •      Abfall- und Abwasserentsorgung,
  •      Wohnungswesen und öffentlicher Verkehr,
  •      Erziehung, Bildung und Kultur,
  •      Sport und Erholung,
  •      Gesundheits-, Kranken- und Wohlfahrtspflege,
  •      Telekommunikation.


Vieles davon wird in Sachsen-Anhalt zunehmend als bedroht empfunden: Kindertagesstätten und Schulen wurden geschlossen, der ÖPNV wird teurer und trotzdem immer weiter reduziert, Gemeinden werden mit dem Hinweis auf die Tragfähigkeit öffentlicher Infrastruktur fusioniert, die Gesundheitsversorgung verliert die Wohnortnähe und wird darüber hinaus in vielen Bereichen insgesamt als mangelhaft empfunden. Marktwirtschaftlich ausgerichtete Angebote, die die tägliche Lebensqualität mitbestimmen, werden in der Fläche ausgedünnt oder fallen der Marktbereinigung durch große Handelsketten zum Opfer. Lebensnotwendige Dinge  müssen zunehmend mit staatlichen Mitteln subventioniert werden. Vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Mittel muss entschieden werden, inwieweit solche Subventionierungen möglich und sinnvoll sind. Denn angesichts begrenzter - insbesondere finanzieller - Ressourcen sind politische Handlungsspielräume in erheblichem Maße beschränkt, heute wie künftig. Gerade darum ist es wichtig, den Menschen klar und deutlich zu sagen, welche Handlungsmöglichkeiten Politik überhaupt hat.

Politisches Ziel der LINKEN ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse überall in Sachsen-Anhalt. Linke Politik orientiert sich dabei auch in Fragen der Raumordnung und der Landesplanung am Leitgedanken der sozialen Gerechtigkeit. Die Zielstellung der Angleichung der Lebensverhältnisse hat daher nicht nur eine räumliche Dimension, sie muss vor allem der sozialen Differenzierung in der Gesellschaft Rechnung tragen.

Die Entfernungen zur nächsten Einkaufsmöglichkeit bewertet ein gut verdienender Alleinstehender anders als eine Hartz-IV-Empfängerin. Frauen und Männer fragen unterschiedliche kulturelle Angebote nach, unterschiedliche Generationen haben unterschiedliche Interessenschwerpunkte. Das gilt es zu berücksichtigen, wenn von Angleichung der Lebensverhältnisse die Rede ist.

Die räumliche Gliederung der Öffentlichen Daseinsvorsorge hängt mit der politischen Zielstellung unmittelbar zusammen. Im Gegensatz zur regierungsoffiziellen Auffassung fordert  DIE LINKE auch Kompetenzen der kommunalen Entscheidungsebene für Teilbereiche der Öffentlichen Daseinsvorsorge (vgl. Wulf Gallert: Sachsen-Anhalt 2020 - Innovation und soziale Gestaltung für ein zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt, S. 54 ff, Die Linkspartei.PDS, Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt, 2005). Das Konzept der LINKEN orientiert sich sowohl an den klassischen Vorteilen des Systems der zentralen Orte, als auch an neueren Diskussionen in der Raumordnung, nach denen es sinnvoller sein kann, nicht die Orte festzulegen, die für eine bestimmte Region zentrale Funktionen wahrnehmen, sondern nur die Regionen zu bestimmen, in denen bestimmte Funktionen der Öffentlichen Daseinsvorsorge vorgehalten werden.

Aus dieser Sicht sieht das Leitbild der LINKEN drei Stufen der Öffentlichen Daseinsvorsorge vor:

  •      Oberzentren
  •      Mittelzentren
  •      Grundzentrale Versorgungsräume.


In Sachsen-Anhalt wird übereinstimmend von fünf Planungsregionen (Altmark, Magdeburg, Harz, Anhalt und Süd) mit drei Oberzentren (Halle, Magdeburg, Dessau-Roßlau) ausgegangen. Ein in sich schlüssiges Konzept der Raumordnung für Sachsen-Anhalt muss klare Aussagen treffen, wie die hochwertigen Angebote eines Oberzentrums für alle Regionen des Landes - also auch für die Regionen Altmark und Harz -  erreichbar sein sollen. Für die Region Altmark plädiert DIE LINKE dafür, Stendal als Ort mit einer auf die gesamte Region ausstrahlende Zentralitätswirkung zu stärken, um eine akzeptable Versorgung der gesamten Planungsregion mit oberzentralen Funktionen zu gewährleisten. Eine ähnliche Rolle muss Halberstadt für die Region Harz übernehmen.

Die Mittelzentren bilden das Rückgrat der Öffentlichen Daseinsvorsorge in Sachsen-Anhalt. Die Einwohnerzahl ist dabei für DIE LINKE - im Gegensatz zu den Auffassungen der Landesregierung - für die Festlegung eines Mittelzentrums nur ein Entscheidungskriterium unter mehreren. Hinzu kommen qualitative Kriterien, vor allem die Erreichbarkeit mittels ÖPNV in einer vertretbaren Zeitspanne von etwa 30 Minuten mindestens zweimal am Tag. Das Netz der Mittelzentren muss so dicht sein, dass keine „verlorenen Regionen“ entstehen, in denen die Öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr zu gewährleisten wäre. Folgerichtig sieht DIE LINKE im Gegensatz zur Landesregierung eine deutlich höhere Zahl von Orten als Mittelzentrum an, um mit einem entsprechend engmaschigen Netz die notwendigen Versorgungsleistungen zu gewährleisten.
Das ist umso bedeutsamer, als in Folge der von Landesregierung und Koalition vorgesehenen Gemeindegebietsreform die Festlegung von Grundzentren gegenstandslos wird: Ab 2011 soll es nur noch Einheitsgemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern geben.

Die Schlussfolgerung für DIE LINKE lautet, auf die Ausweisung von Grundzentren zu verzichten. Die entstehenden Einheitsgemeinden (und Verbandsgemeinden) selbst stellen dann die grundzentralen Versorgungsräume dar, in denen die entsprechenden Gremien selbstständig über die räumliche Verteilung der Öffentlichen Daseinsvorsorge entscheiden sollen. Das bedeutet, die grundzentralen Versorgungsräume müssen mit dem kommunalpolitischen Verantwortungsraum Gemeinde identisch sein - nur dann ist es möglich, die notwendigen Entscheidungen auf diese Ebene zu verlagern.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Lösung des so genannten Stadt-Umland-Problems. Das größte Problem der Organisation der Öffentlichen Daseinsvorsorge in den größeren Städten und ihrem Umland wird dabei in den nächsten Jahren dadurch entstehen, dass eine geringer werdende Bevölkerung einer Infrastruktur gegenüber steht, die vor allen Dingen in den letzten Jahren deutlich ausgebaut wurde. Eine intensive Kooperation zwischen den großen Städten und ihren Umlandgemeinden ist unabdingbar. Notwendig sind neue Formen des Lastenausgleichs, gegen den sich Umlandgemeinden derzeit noch wehren. Langfristig werden sich die gegenwärtigen Verhältnisse aufgrund demografischer Entwicklungen allerdings umkehren, und die Umlandgemeinden werden die Nutznießer von Vereinbarungen mit den großen Städten sein.

Das Konzept der LINKEN zur räumlichen Gliederung der Öffentlichen Daseinsvorsorge zieht eine Reihe von landespolitischen Konsequenzen nach sich, so in folgenden Bereichen:

  •     Struktur der öffentlichen Verwaltung,
  •     Organisation des öffentlichen Verkehrs,
  •     Neugestaltung des Finanzausgleichgesetzes,
  •     Entwicklung der Schulstandorte,
  •     Struktur der Kinder- und Jugendhilfe,
  •     Entwicklung der Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt,
  •     Struktur der kulturellen Angebote,
  •     Netz von Gesundheitsvorsorge und sozialen Dienstleistungen,
  •     öffentliche Sicherheit als Bestandteil der Daseinsvorsorge,
  •     räumliche Gliederung der Wirtschaftsförderung,
  •     Struktur der Wasserver- und Abwasserentsorgung,
  •     Sicherung der regionalen Energieversorgung.


Zu all diesen Komplexen bietet das Konzept der LINKEN vielfältige Handlungs- und Lösungsansätze, die von verschiedenen Aspekten geprägt sind:

Wesentliche Bedeutung kommt dabei der klaren Abgrenzung der Aufgabenübertragung auf die Ebenen Land, Landkreis und Gemeinde zu. Ohne diese sind den jeweiligen Entscheidungsträgern die erforderlichen politischen Weichenstellungen nicht möglich.
Vorschnelle Privatisierungen bauen oft hohe Hürden auf, die eine nachhaltige räumliche Gliederung der Öffentlichen Daseinsvorsorge erschweren oder gar unmöglich machen können.
Überragende Bedeutung kommt der Neugestaltung des kommunalen Finanzausgleichs zu. Für die Aufgabenerfüllung ist zunächst eine finanzielle Grundausrüstung (Sockelbetrag) nötig, die nicht an der Einwohnerzahl allein festzumachen ist.
In vielen Bereichen sind dezentrale und kooperative Lösungen zu bevorzugen, da gerade sie den jeweiligen Planungs- und Versorgungsräumen aktive und gestaltende Handlungsoptionen eröffnen.

Fazit: Zusammengefasst zielt das Leitbild der LINKEN darauf ab, die Bereitstellung von Gütern bzw. den Zugang zu Dienstleistungen der Öffentlichen Daseinsvorsorge dauerhaft, verlässlich und bezahlbar für alle Menschen in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten.

Die Frage nach der Gleich- oder Höherwertigkeit der Lebensqualität und der Lebensbedingungen lässt sich nicht objektiv definieren: Wie sich Vor- und Nachteile jeweils gegenseitig aufwiegen, unterliegt subjektiven Maßstäben der Menschen in ihrem Lebensumfeld.

Die Entscheidung, ob Menschen aus Sachsen-Anhalt fortziehen oder hierher kommen, ob sie sich für oder gegen eigene Kinder entscheiden, kann Politik bestenfalls beeinflussen, nicht aber bestimmen. Viele Faktoren, die diese individuellen Entscheidungen beeinflussen, liegen außerhalb politischer Regelungsmechanismen. Deshalb wird es nie eine einfache Kausalität zwischen politischen Entscheidungen und der Entwicklung einer Region geben. Die Politik muss aber gerade deshalb die Wertungen, die Urteile, die Handlungen der Menschen in Sachsen-Anhalt feinfühlig registrieren und darauf reagieren. Die Gestaltung der Öffentlichen Daseinsvorsorge wird diese Wertungen, Urteile und Handlungen in jedem Falle nachhaltig beeinflussen.