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Thomas Lippmann zu TOP 13 a) und b): Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt (BesNeuRG LSA) vom 8. Februar 2011, Artikel 1, Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt

Die Fraktion Die LINKE legt dem Parlament aus verschiedenen aktuellen Anlässen einen Gesetzentwurf vor, mit dem Änderungen des Landesbesoldungsgesetzes im Bereich der Ämter für Lehrkräfte erreicht werden sollen. Wie in der Begründung bereits ausführlich dargestellt, geht es dabei insgesamt um die Beseitigung von abgesenkten Eingangs- bzw. auch Statusämtern, für die es entweder nur eine zeitlich befristete Begründung gab oder die schon von jeher einer gewissen Willkürlichkeit in der Besoldungsgesetzgebung entsprungen waren. Es geht also in dem gesamten Änderungsgesetz um die Herstellung von Gerechtigkeit und es geht dabei um weniger als 5 Prozent der Lehrkräfte, die von diesen Benachteiligungen betroffen sind.

Die hier von uns aufgegriffenen Verwerfungen in unserem Landesbesoldungsgesetz bestehen seit Jahrzehnten und hätten eigentlich schon längst beseitigt werden müssen. Nicht zuletzt deshalb waren die Forderungen nach einer gerechten Bezahlung für alle Lehrkräfte schon wiederholt Thema in diesem hohen Hause. Es ist also ein wenig wie in den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich appelliere deshalb an dieser Stelle an diesen neuen Landtag, sich endlich für ein „Happy End“ in diesen Film zu engagieren. Ich appelliere an die Koalitionsfraktionen, den Antrag mit der Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit zu behandeln, die die betroffenen Kolleginnen und Kollegen verdient haben. Sie warten seit mehr als 15 und z.T. seit mehr als 20 Jahren darauf, dass sie für die gleiche Qualifikation und für die gleiche Arbeit endlich auch die gleiche Vergütung erhalten. Es geht dabei nicht um Wohltaten oder gar Gefälligkeiten. Es geht um das Ende von unangemessener und ungerechter Bezahlung, die wir hier im Lande selbst zu verantworten haben und die wir deshalb auch selbst beseitigen müssen und beseitigen können. Es gibt – anders als z.T. noch in der Vergangenheit - keine äußeren Gründe, die uns daran hindern würden.

Ich betone dies ausdrücklich, weil in früheren Debatten gern der Eindruck erzeugt wurde, die Schuld für missglückte Regelungen wäre bei anderen zu suchen. Z.B. bei den Verhandlungspartnern der neuen Lehrerentgeltordnung – der Tarifgemeinschaft deutscher Länder oder der GEW - und man müsse sich dorthin wenden, wenn man Änderungen erreichen wolle. Dies ist schlicht falsch. Ich appelliere vielmehr an den neuen Finanzminister, im Unterschied zu seinem Vorgänger im Amt einer abschließenden Lösung der Besoldungsprobleme bei den Lehrkräften nicht im Wege zu stehen. Denn dass wir als neuer Landtag zur Frage der Lehrkräftebezahlung praktisch nachsitzen müssen, liegt einzig an den unerledigten Hausaufgaben der alten Landesregierung und dem Widerstand aus dem Finanzministerium.

Nachsitzen ist nicht sehr dankbar und es hätte ohne Weiteres vermieden werden können. Denn schon seit dem Dezember 2014 bekannt, dass die Probleme für die Lehrkräfte mit DDR-Abschluss trotz der neuen Entgeltordnung teilweise fortbestehen würden, wenn unser Besoldungsgesetz nicht entsprechend geändert wird. In dem Augenblick, als das Angebot der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zur Regelung der Lehrkräfte mit DDR-Lehrerabschluss zum ersten Mal auf dem Tisch lag, war klar, dass wir in Sachsen-Anhalt unser Besoldungsgesetz von verschiedenen Stolpersteinen säubern müssen, die dort aus der Vergangenheit liegen geblieben waren. Ich habe schon im Januar 2015 die Vertreterin des Landes bei der TdL am Rande der Verhandlungen auf den unmittelbaren Handlungsbedarf im Lande aufmerksam gemacht und sie gebeten, eine entsprechende gesetzgeberische Initiative auf den Weg zu bringen. Dies ist aber vom Finanzministerium ebenso ignoriert worden wie alle weiteren schriftlichen Aufforderungen danach. Nun erledigen sich Probleme zwar gelegentlich dadurch, dass man sie ignoriert und aussitzt. Das Problem der Stichtagsnichterfüller hat sich durch die Untätigkeit von Landesregierung und Parlamentsmehrheit in der alten Legislatur aber nicht erledigt, es ist im Gegenteil aktueller und drängender denn je.

Während es das Ziel des Änderungsgesetzes ist, die grundlegende Ordnung in unserem Landesbesoldungsgesetz für die Lehrerämter dauerhaft herzustellen, soll mit dem Antrag der Drs.7/ der Schaden behoben werden, der den Kolleg*innen spätestens seit dem 01.01. dieses Jahres bereits entstanden ist. Es handelt sich hier um den gleichen Sachverhalt der Eingruppierung von Stichtagsnichterfüllern.

Ich möchte die Geduld des hohen Hauses nicht weiter mit Einzelheiten der Besoldungsgesetzgebung strapazieren. Das müssen wir in den Fachausschüssen leisten und da setze ich auf hohe Sachlichkeit um Fachkenntnis. Ich möchte aber die Einbringung nutzen, um für die Beratungen zu den Ein-Fach-Lehrer und den Schulleitungen kleiner Grundschulen noch einige Hinweise mit auf den Weg zu geben.

Ein-Fach-Lehrer sind Lehrkräfte mit einer vollständigen DDR-Lehrerausbildung für die Klassen 6 -10/12. Typisch für diese Gruppe sind Polytechniklehrer, Musiklehrer (Weimar), Sportlehrer (Leipzig) und vor allem auch LuK mit einem postgradualen Studium für ein Fach der Oberstufe. Sie sind nach den bisherigen Besoldungsregelungen mit der Entgeltgruppe E11 zwei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert als die Lehrkräfte mit zwei Fächern. Für diese niedrige Eingruppierung gab es jedoch nie einen sachlichen Grund. Die Ausbildung dieser Lehrkräfte ist weder minderwertiger noch kürzer als die der anderen Lehrkräfte noch sind sie in ihrem Einsatz im Unterricht eingeschränkt. Es gibt keinen Unterschied, der eine unterschiedliche Eingruppierung rechtfertigen würde. Dennoch müssen sie seit Jahren mit dem Makel eines „Lehrers 2. Klasse“ leben. Sie müssen hinnehmen, dass ihnen die gleiche Bezahlung wie ihren Kolleg*innen verwehrt wird.

Inzwischen kommen jedoch zwei weitere Sachverhalte hinzu, die diese Ungerechtigkeit noch einmal steigern. Denn es gibt inzwischen Ein-Fach-Lehrer, die als Sekundarschullehrer nach neuem Recht verbeamtet wurden und die zum 01.01.2016 wie alle anderen neuausgebildeten Sekundarschullehrer in die Besoldungsgruppe A13 eingestuft wurden. Außerdem werden nach der neuen Entgeltordnung Seiteneinsteiger mit einer fachwissenschaftlichen Ausbildung seit dem 01.08.2015 in die Entgeltgruppe E12 eingruppiert. D.h. die Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung werden also beim Einsatz im Unterricht eine Entgeltgruppe höher eingruppiert als die ausgebildeten Lehrkräfte: der Chemiker höher als der Chemielehrer, der Germanist höher als der Deutschlehrer, der Musikwissenschaftler höher als der Musiklehrer. Es ist inzwischen kaum noch etwas vorstellbar, was man den Ein-Fach-Lehrkräften noch zumuten könnte. Ich hoffe, dass der Gesetzgeber endlich seine Verantwortung wahrnimmt und für Gerechtigkeit sorgt – und zwar jetzt und nicht erst, wenn die letzten Lehrkräfte aus dem Schuldienst ausgeschieden sind.

Letzter aktueller Anlass für dieses Änderungsgesetz waren die Meldungen im Sommer über die vielen unbesetzten Stellen von Schulleitungen besonders im Bereich der Grundschulen. Zwar gibt es für den Bewerbermangel ganz unterschiedlicher Gründe, es war aber unbestritten, dass es auch an den unattraktiven Bedingungen für die Ausübung solcher Funktionen liegt. Das trifft in besonderer Weise für Leitungen kleiner Grundschulen zu.

So erhält die Leiterin einer Grundschule mit bis zu 80 Schülern – und solche habe wir im Lande nicht ganz wenige – nicht einmal eine Besoldung, die der Bezahlung der normalen Lehrkräfte in den weiteführenden Schulen entspricht. Diese völlig unzureichende Bezahlung von Leitungstätigkeiten folgt zum einen aus der niedrigen Einstufung der Lehrkräfte an Grundschulen. Sie folgt aber zusätzlich auch daraus, dass die Systematik der Schulleiterbesoldung, die im Landesbesoldungsgesetz ansonsten in allen Schulformen wesensgleich geregelt ist, bei den Grundschulen nach unten durchbrochen ist. Dieser Systembruch, der als Erbe aus der Bundesbesoldungsordnung der alten Bundesrepublikübernommen wurde, soll mit diesem Änderungsgesetz ebenfalls beseitigt werden.

Im Hinblick auf die Kosten dieser Gesetzesänderungen möchte ich allen Finanzexperten und dem Finanzminister für die Beratungen in den Fraktionen und Ausschüssen noch folgendes mit auf den Weg geben: Es darf bei der Bewertung nicht darum gehen, ob sich aus diesem Gesetz Mehrkosten ergeben. Es muss darum gehen, die ungerechtfertigten Minderausgaben auf Kosten von Landesbeschäftigten nicht mehr länger fortzuführen und wie selbstverständlich in Anspruch zu nehmen. Gerechtigkeit hat immer einen Preis.