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Monika Hohmann zu TOP 25: Kommunale Belastungen in der Kinderbetreuung mit Betreuungsgeldmitteln zeitnah dämpfen

Ich habe in dieser Legislatur bereits mehrere Reden hier im Landtag gehalten. Doch die heutige Rede zum Thema Kinderbetreuung ist schon etwas Besonderes. Nämlich insofern, dass ich meine Rede mehrmals verändern musste. In den letzten Tagen gab es eine Reihe von Vorschlägen aus der Koalition zur Entlastung der Eltern bei den Betreuungskosten in den Kitas. Welche Dynamik unser Antrag auslöste und welche Lebhaftigkeit in die Diskussion um die Elternbeiträge in unserem Bundesland gekommen ist, konnten wir in den letzten Tagen hören und lesen. Ich habe mich dabei gefragt: Wie wäre denn mit dem Problem der Elternbeiträge umgegangen worden, wenn meine Fraktion den vorliegenden Antrag nicht eingebracht hätte?

Eigentlich könnte ich meine Rede aus der aktuellen Debatte vom Februar 2015 noch einmal hervorholen und hier halten. Bereits damals hatte meine Fraktion auf die steigenden Elterngebühren im Land aufmerksam gemacht. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass die Koalition diese Situation explizit nur auf die Landkreise Wittenberg und Mansfeld Südharz bezogen wissen wollte. Spätestens heute müssen auch die Koalitionäre anerkennen, dass die Gebührensteigerungen nicht regional abhängig sind, sondern flächendeckend im Land Einzug gehalten haben.

Die Gründe dafür möchte ich hier nur noch einmal kurz anreißen.

Das neue Kinderförderungsgesetz schränkt nach wie vor den Gestaltungsspielraum der Gemeinden ein. Ursachen sind aus unserer Sicht die sogenannte 50/50-Regelung, nach der sich die Gemeinden und die Eltern das verbleibende Defizit teilen sollen, und die generellen Kürzungen bei den Finanzzuweisungen an die Gemeinden. Dies hat bereits dazu geführt, dass durch eine Kommunalaufsicht  eine Ersatzvornahme zur Beitragsgestaltung einer Stadt vorgenommen wurde.

Das neue Instrument der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen zeigt erstmals die tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung auf. Den Einrichtungsträgern kann man daraus im Grunde keinen Vorwurf machen. Sie müssen im Rahmen der Gespräche mit den Jugendämtern prospektive Entgelte vereinbaren, also die Preissteigerungen und Tarifanpassungen von morgen schon jetzt einpreisen. Daneben werden auch Inhalte vereinbart, die das Gesetz entweder gar nicht oder nur sehr vage formuliert. So z.B. Abschreibungskosten, Hausmeisterdienste, Verwaltungskosten, Erstattung von Zinsen oder eine feste Anzahl von Freistellungsstunden für die Kita-Leitung.

Ein Rahmenvertrag auf Landesebene fehlt derzeit noch, so dass für die Landkreise eine Orientierung bei den Verhandlungen fehlt. Viele Landkreise haben sich mittlerweile selbst geholfen und haben für sich Förderrichtlinien erarbeitet, die als Rahmen bei den Verhandlungen genutzt werden. Dadurch ist natürlich ein bunter Flickenteppich im Lande entstanden. Das was in einem Landkreis anerkannt wird, kann durchaus im anderen Landkreis abgelehnt werden. Für freie Träger, die mehrere Einrichtungen in unterschiedlichen Landkreisen betreiben, kann dies schon zu einer größeren Herausforderung werden.

Alle diese Probleme die wir derzeit im Finanzierungsbereich der Kinderbetreuung haben, sind hausgemacht. Warum sage ich das?

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass unser Finanzierungsmodell im KiFöG von Mecklenburg-Vorpommern abgeschrieben wurde, hätte man sich parallel dazu auch die Zweite Effektestudie anschauen sollen. Mit dieser wurde 2009 die Kita-Finanzierung in Mecklenburg-Vorpommern evaluiert. Ich möchte nur einige wenige Ergebnisse der Studie benennen, die auch die Autorin Frau Mönch-Kalina in der Anhörung zu unserem KiFöG benannte:

1.    Der Start in dieses Finanzierungssystem sollte erst nach Vorlage eines Landesrahmenvertrages erfolgen
2.    Die Erarbeitung von Kalkulationsgrundlagen, d.h. wie kalkuliert wird, wie ein Leistungsentgelt berechnet wird und welche Kostenfaktoren einfließen können, sollten vorher festlegt werden
3.    Solange Kindertagesförderung nicht beitragsfrei angeboten wird, sollten die Elternbeiträge von den Leistungsentgelten abgekoppelt werden
4.    Einzug der Finanzierungsanteile von Land, Gemeinden, Eltern durch die Jugendämter und Ausreichung der Leistungsentgelte durch das Jugendamt an die Träger.

Mecklenburg-Vorpommern hatte, nachzulesen in der Studie, die gleichen Probleme die wir jetzt auch haben, logisch, da wir abgeschrieben haben. Nach 2005 schossen auch in Mecklenburg-Vorpommern die Elternbeiträge durch die Decke. Was mir beim Lesen der Studie nachhaltig in Erinnerung blieb, ist ein eigenartiger Effekt, der daraufhin eintrat: Die Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern waren bestrebt, ihre Kosten und auch die der Eltern nicht in die Höhe schießen zu lassen, und deshalb wurden in den Entgeltvereinbarungen immer weniger Leistungen verhandelt. D.h. die Qualität in den Einrichtungen sank. Dies darf sich bei uns nicht wiederholen. Denn, man muss bekannte Fehler ja nicht zweimal machen.

Nun komme ich zu den Alternativanträgen. Beide bedürfen, genau wie unser Antrag, einer Gesetzesänderung und einer Sondersitzung des Landtages.

Geschmunzelt habe ich über den Alternativantrag der Koalition. Liebe Koalitionäre, auch die Opposition kann gute Anträge stellen. Beweis ist Ihr Antrag von heute, der  unser Antrag vom 19.09.2015 war. Hätten Sie damals unserem Antrag gleich zugestimmt, hätten Sie sich diesen Umweg sparen können. Ich vermute aber, dass Ihnen unser Anliegen im Oktober egal war. Nun müssen Sie handeln, um nicht als Blender dazustehen. Ich male mir gar nicht aus, was mit unserem Antrag passiert wäre, hätten wir keine bevorstehende Landtagswahl.

Allein die  DIE LINKE war die einzige Fraktion, die sich in diesem Jahr kontinuierlich und aktiv mit Initiativen einbrachte:

1.     27. FEBRUAR 2015 85. Landtagssitzung, Aktuelle Debatte: Die Entwicklung der Elternbeiträge im Bereich des Kinderförderungsgesetzes
2.    23. APRIL 2015 88. Landtagssitzung,  Antrag: Kita-Statistik des Statistischen Landesamtes erweitern
3.    19. SEPTEMBER 2015 96. Landtagssitzung,  Antrag: Betreuungsgeld zur Senkung der Elternbeiträge und für Kita-Qualität nutzen und heute
4.    Kommunale Belastungen in der Kinderbetreuung mit Betreuungsgeldmitteln zeitnah dämpfen.

Nicht zu vergessen, die Anträge im letzten Jahr. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, uns einen vorgezogenen Wahlkampf zu unterstellen, ist hier fehl am Platze.

Unser Antrag hat anscheinend dafür gesorgt, dass sich nun tatsächlich etwas bewegt. Dies zeigen die vorliegenden Alternativanträge. Inhaltlich wollen wir alle eines gemeinsam: Die Entlastung der Kommunen und somit der Eltern. Unser Antrag nimmt daneben noch Bezug auf die Herausforderungen, vor denen Jugendämter und Träger stehen, was die Bereitstellung von Kita-Plätzen für geflüchtete Kinder anbelangt. Deshalb müssen wir noch einmal an das Gesetz ran, um die Mittel aus dem Betreuungsgeld auch einsetzen zu können. Meine Fraktion wird daher eine Sondersitzung beantragen und eine Gesetzesänderung des KiFöGs einbringen.