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Monika Hohmann zu TOP 20: Die Entwicklung der Elternbeiträge im Bereich des Kinderförderungsgesetzes

Es wird Sie nicht verwundern, dass meine Fraktion diese aktuelle Debatte beantragt hat. Zum einen braucht man nur die Zeitung aufschlagen. Dort liest man dann Schlagzeilen wie „Elternbeiträge explodieren“, „Proteste gegen Gebühren“ oder „Kinderbetreuung wird deutlich teurer“. Ich denke, dass haben Sie alle mitbekommen.

Zum anderen möchte ich daran erinnern, dass die Fraktion DIE LINKE ein eigenes Kinderförderungsgesetz eingebracht hatte. Nun ist das Thema Kinderbetreuung ein Thema, bei dem es schwer fällt es allen recht zu machen – dem Land, den Landkreisen, den Gemeinden, den Eltern, den Trägern. Trotzdem ich bin mal so frei zu behaupten: Wäre unser Gesetz vom Landtag beschlossen worden, hätten wir den Ärger momentan nicht in diesem Ausmaß. Also gibt es für uns Grund genug, darüber zu reden.

Ich möchte Ihnen eingangs sagen, dass ich ausdrücklich nicht der Meinung bin, dass die Wiedereinführung des Ganztagsanspruches und die Verbesserung der Personalschlüssel zu diesen zum Teil exorbitanten Elternbeitragssteigerungen geführt haben. Das Land hat sich bemüht, dem Konnexitätsprinzip genüge zu tun und die mit diesen Punkten verbundenen Kosten auszugleichen. Dies zu sagen ist mir wichtig, um dem falschen und irreführenden Argument, dass man immer wieder hört, dass die Kosten steigen würden, weil die Arbeitslosen ihre Kinder länger in die Kita bringen, eine deutliche Absage zu erteilen.

Zunächst muss grundsätzlich gefragt werden: Weshalb kommt es überhaupt zu steigenden Elternbeiträgen im System der Kinderbetreuung? Schaut man sich die Entwicklung der letzten 15 Jahre an, so haben viele Gemeinden in Sachsen-Anhalt natürlich sich jeweils verändernde landesgesetzliche Regelungen dazu genutzt, die Beiträge anzupassen. Viele Gemeinden jedoch auch nicht – diese haben über Jahre hinweg versucht, etwas für ihre Familien zu tun, die Beiträge konstant zu halten und diese wenn, dann nur in zeitlich sehr großen Abständen an gestiegene Personal- und Sachkosten angeglichen.

Ich denke, in einer Sache sind wir uns einig: Mit der Gestaltung der Elternbeiträge verfügen die Gemeinden in Sachsen-Anhalt über ein mächtiges Instrument, dass es erlaubt, familienfreundliche Rahmenbedingungen in der Kommune entscheidend zu beeinflussen. Und da komme ich zum ersten Problem: Das neue Kinderförderungsgesetz schränkt genau diesen elementaren Gestaltungsspielraum der Gemeinden ein. Einige Ursachen sind aus unserer Sicht die sogenannte 50/50-Regelung, nach der sich die Gemeinden und die Eltern das verbleibende Defizit teilen sollen, und die Kürzungen bei den Finanzzuweisungen an die Gemeinden.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, die Regelung, dass laut Gesetz der Gemeindeanteil mindestens 50 Prozent betragen muss, kommt eben nicht an der Realität vorbei. Die Realität sieht nämlich so aus, dass die Kommunalaufsicht nicht allen, aber den meisten Gemeinden eine freiwillige Erhöhung ihres Anteils über 50 Prozent untersagt. Damit sind mancherorts immens steigende Elternbeiträge vorprogrammiert. Das Problem hatte meine Fraktion schon vor der Einführung des Gesetzes erkannt und benannt. In den Sitzungen des Sozialausschusses war das Thema KiFöG regelmäßig Gegenstand der Tagesordnung. Auch hatten wir das Landesverwaltungsamt als oberste Kommunalaufsichtsbehörde und das Innenministerium eingeladen, um genau über die Regelungen zur Defizitfinanzierung zu diskutieren. Damals wurde den Mitgliedern des Ausschusses signalisiert, dass die Kommunalaufsichten der Landkreise sehr sensibel mit der Regelung umgehen werden. Dies ist mittlerweile fast zwei Jahre her. Nun haben sich aber inzwischen die Geldströme des Landes an die Kommunen verändert. Geringere FAG-Mittel an die Gemeinden lassen ihnen kaum Spielraum mehr, einen höheren Anteil an den Kita-Kosten zu übernehmen. Ob da ein Erlass hilft, wie ihn Frau Budde fordert, wage ich zu bezweifeln.

Wenn ich mich an die damaligen Verhandlungen zum KiFöG recht entsinne, haben CDU und SPD den § 12b in das Gesetz aufgenommen, um eine Obergrenze für Elternbeiträge einzuziehen – quasi als eine Art Schutzklausel, dass Elternbeiträge nicht über 50 Prozent des Defizits steigen sollen. Nach heutigem Kenntnisstand ging das voll daneben. Das, was wir derzeit erleben, sind erst die Anfänge einer großen Kosten-Lawine, die auf die Eltern im Land zurollt, denn die Verhandlungen stehen erst am Anfang.

Das neue Instrument der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen zeigt erstmals  die tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung auf. Den Einrichtungsträgern kann man daraus im Grunde keinen Vorwurf machen. Sie müssen im Rahmen der Gespräche mit den Jugendämtern prospektive Entgelte vereinbaren, also die Preissteigerungen und Tarifanpassungen von morgen schon jetzt einpreisen. Daneben werden auch Inhalte vereinbart, die das Gesetz entweder gar nicht oder nur sehr vage formuliert. So z.B. Abschreibungskosten, Hausmeisterdienste oder eine feste Anzahl von Freistellungsstunden für die Kita-Leitung. Ein Rahmenvertrag auf Landesebene fehlt derzeit noch, so dass für die Landkreise eine Orientierung bei den Verhandlungen fehlt. Meine Fraktion lässt zurzeit durch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Hause prüfen, ob Investitions- und Abschreibungskosten auf die Gebühren der Elternbeiträge überhaupt umgelegt werden dürfen. Im aktuellen Kommentar zum KiFöG wird darauf hingewiesen, dass z.B. Investitionskosten nicht auf den Elternbeitrag umzulegen sind.

Sie sehen, dass all diese eben angesprochene Dinge zu einer Verteuerung führen. In diesem Zusammenhang dürfen wir nicht vergessen, dass der Wegfall des Eigenanteils freier Träger, der mit diesem neuen Finanzierungsverfahren verbunden war, nun auch zum Tragen kommt. Diesen können sich Eltern und Gemeinden gegenwärtig auch irgendwie teilen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich verteufele die Entgeltvereinbarungen nach §78b ff. SGB VIII nicht. Sie sind in den Hilfen zur Erziehung seit langem im Einsatz und können ein Instrument darstellen, die tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung im Land transparenter zu machen. Jedoch muss auch dazu gesagt werden, es lief  seit dem ersten Kinderbetreuungsgesetz Sachsen-Anhalts auch ohne Entgeltvereinbarungen und auch ohne 50/50-Regelung im Grunde ganz gut. Vor allem aber müssen wir jetzt darauf achten, dass sich die mit dem Ganztagsanspruch verbundene Intention nicht in ihr Gegenteil verkehrt, weil die Beiträge für einen Kita-Platz den Eltern über den Kopf wachsen und sie deshalb die Kinder aus der Kita nehmen müssen.

Den Vorschlag der Landeselternvertretung zur Reduzierung der Elterngebühren kann meine Fraktion nachvollziehen. Die Begrenzung auf 40% ist eine Möglichkeit zur finanziellen Entspannung bei den Familien.  Wir denken aber, dass  noch weitere  Details untersucht werden sollten.

Was ist zu tun?

  1. Prüfen der Regelung zur Defizitfinanzierung, d.h. Elternbelastung 50%-x oder Streichung des Satzes im Gesetz
  2. Voranbringen des Rahmenvertrages auf Landesebene / Vorbereitung einer Verordnung
  3. Untersuchen, welche Kosten tatsächlich auf Elternbeiträge umzulegen sind
  4. Gegebenenfalls Nachbesserung des FAG


Diese Fragen sollten auch auf unserer nächsten Expertenrunde im Sozialministerium besprochen und geklärt werden.

Natürlich behält sich meine Fraktion vor, außerdem parlamentarisch tätig zu werden, auch wenn das Gesetz noch nicht evaluiert ist und ebenfalls jetzt noch nicht klar ist, wie die Verfassungsklage der Gemeinden ausgeht.

Zusammenfassend ist es für uns sehr wichtig, schon jetzt auf die Probleme der Gebührenerhöhung aufmerksam zu machen und nach geeigneten Lösungen zu suchen. Dazu soll die Aktuelle Debatte heute beitragen. Es darf nicht dazu kommen, dass die Eltern die Gebühren schlichtweg nicht mehr zahlen können und ihre Kinder aus den Einrichtungen nehmen.