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Henriette Quade zu TOP 18: Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt

Der prinzipielle Ansatz, an den Beginn der Arbeit zunächst eine Iststandsanalyse zu stellen, ist richtig und notwendig, und er setzt natürlich eine ehrliche und eine realistische Defizitbeschreibung voraus. Mit Blick auf den Bericht fällt auf, dass es vor allem frauenpolitische Defizite sind, die benannt und hervorgehoben werden. Das verwundert einerseits nicht wirklich, denn die Benachteiligung von Frauen macht natürlich keinen Bogen um Sachsen-Anhalt. Die Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Erwerbsarbeit, ungleiche Bezahlung, schlechte, unwürdige, nicht existenzsichernde Bezahlung in Berufen, die insbesondere von Frauen ausgeübt werden, die stärkere Belastung von Frauen durch zusätzliche Aufgaben, beispielsweise die Pflege Familienangehöriger, die Ungerechtigkeit beim Zugang zu Führungspositionen - all das sind nur einige Probleme. All diese wirken auch hier in Sachsen-Anhalt.

Natürlich existieren in diesem frauenpolitischen Bereich die größten Defizite, die es politisch anzugehen gilt. Ich möchte all denen danken, die in der Projektlenkungsgruppe und in den Arbeitsgruppen ehrenamtlich arbeiten und wirken. Ich möchte auch ausdrücklich hervorheben, dass es sich hierbei nicht selten um Mitglieder von Vereinen und Verbänden handelt, die in finanzieller Abhängigkeit von der Landesregierung stehen und die sich dennoch sehr selbstbewusst in den Diskurs eingebracht haben, ihre Kompetenz eingebracht haben und auch den Dissens nicht gescheut haben. Davor ziehe ich den Hut.

Wenn ich aber einmal in den Fokus nehme, wie die Projektlenkungsgruppe und die Arbeitsgruppen durch die Ministerien besetzt wurden, dann komme ich zu einer etwas negativeren Einschätzung. Es ist nämlich so, dass diese Gremien nahezu ausschließlich mit weiblichen Vertretern besetzt wurden und sich der Gedanke der Quotierung dadurch quasi umkehrt. Das halte ich für bedauerlich. Denn wenn das Thema Gleichstellungspolitik und Geschlechtergerechtigkeit nahezu ausschließlich von denjenigen betrieben wird, die von Geschlechterungerechtigkeit betroffen sind, dann zeugt das eben nicht davon, dass es als gesamtpolitisches und gesamtgesellschaftliches Problem begriffen wird.

Dazu passt, dass der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung die Ministerien im letzten Jahr erst explizit dazu auffordern musste, ihre Hausaufgaben zu machen und den Beschluss des Landtages umzusetzen. Konkret ging es darum, den notwendigen Faktencheck zügig und zeitnah zu erarbeiten und an das Justizministerium weiterzugeben.

Ich möchte dem Justizministerium an dieser Stelle für das Dranbleiben danken. Ich möchte aber zugleich sagen, dass ich es durchaus beschämend finde, dass es tatsächlich erst des Insistierens des Ausschusses bedurfte, um die anderen Ministerien zum Handeln zu bewegen.

Natürlich lassen sich nicht alle Defizite von heute auf morgen beheben. Aber es gibt sehr wohl Bereiche, die die Landesregierung angehen könnte und müsste. Eine geschlechtergerechte Frauenquote in der öffentlichen Verwaltung des Landes wäre beispielsweise ein löblicher und ein notwendiger Schritt. Dies zeigt auch die Auswertung der Anfragen meiner Kollegin Eva von Angern. Obwohl der Gesamtanteil von Frauen an der Belegschaft in der öffentlichen Landesverwaltung mitunter recht hoch ist, sind in den gehobenen Funktionen Frauen in der Regel unterrepräsentiert. Bis auf wenige Ausnahmen sind Frauen mit einem Anteil zwischen 20 % und 36 % in Führungspositionen vertreten. Im nachgeordneten Bereich sieht es etwas differenzierter aus. Dort gibt es sehr positive Beispiele, beispielsweise an den Hochschulen und Fachhochschulen. Dort liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen durchschnittlich bei 40 %. Dagegen besetzen Frauen gerade einmal 8,8 % der gehobenen Positionen bei der Polizei. Ein weiteres Negativbeispiel ist auch das Landesamt für Geologie und Bergwesen.

Bei einem Beschäftigungsanteil von Frauen von nahezu 50 % beträgt der Anteil von Frauen in Führungspositionen dort nicht einmal 12 %. Hierfür bedarf es des politischen Willens und es bedarf einer verbindlichen Quote.

Die Endfassung des Berichtes - bei dem vorliegenden Bericht handelt es sich um einen Zwischenbericht - wird sehr konkrete Handlungsempfehlungen formulieren und beschreiben. Die Landesregierung und der Landtag der künftigen Wahlperiode werden darin einen sehr klar formulierten Auftrag erhalten. Mit Blick auf die ersten Empfehlungen, die bereits im Zwischenbericht enthalten sind, muss ich feststellen, dass die seit 2002 in Regierungsverantwortung befindliche CDU zwar sehr viel zum Abbau von Strukturen, aber wenig zum Abbau von Geschlechterungerechtigkeit beigetragen hat und dass die SPD dies zumindest seit 2006 duldet und mitträgt. Insofern bin ich sehr gespannt darauf, welche politische Konstellation die Empfehlungen zur Geschlechtergerechtigkeit dann umsetzen wird.