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Henriette Quade zu TOP 12: Abschiebungshaft gehört auf den Prüfstand

In der ersten Beratung zu unserem Antrag im Februar 2014 schätzte der Kollege Kolze zum Inhalt unseres Antrages ein: „Es versteht sich von selbst, dass wir dazu diametral anderer Auffassung sind.“

Das zeigte sich in der Beschlussberatung und zeigt sich auch in der Beschlussempfehlung. Insofern wäre es illusorisch gewesen zu glauben, unser Antrag würde eine Beschlussempfehlung im Innenausschuss bekommen, die von allen Fraktionen des Hohen Hauses mitgetragen wird. Meine Fraktion wird sich bei der Abstimmung, wie auch im Ausschuss, der Stimme enthalten. Ich möchte auf die Gründe dafür eingehen. Ja, die Koalitionsfraktionen sehen mit der Beschlussempfehlung einen Prüfungsbedarf; das hat auch der Minister soeben ausgeführt. Der Prüfungsbedarf ist mit der Vorlage der neuen Unterlagen beim EuGH tatsächlich noch größer geworden.

Mit dem Auftrag, die Möglichkeiten zur Realisierung der Abschiebungshaft in Einrichtungen anderer Bundesländer zu prüfen, deutet die Landesregierung auch an, wohin die Entwicklung aus ihrer Sicht gehen soll.

In der zentralen Zielstellung unseres Antrages bleibt es allerdings bei grundsätzlich unterschiedlichen Sichtweisen. Unser Ziel ist es, die Abschiebungshaft, also den Freiheitsentzug zur Durchsetzung einer Verwaltungsentscheidung, als Instrument staatlichen Handelns zu überwinden, weil wir es für unverhältnismäßig und für nicht gerechtfertigt halten.

Davon ist in der Beschlussempfehlung keine Rede. Auch der Auftrag zur Entwicklung von Alternativen zur Abschiebungshaft innerhalb der ständigen Konferenz der Innenminister fehlt gänzlich. Deswegen werden wir der Beschlussempfehlung nicht zustimmen.

Ich will noch einen weiteren Punkt Ihrer Beschlussempfehlung ansprechen. Sie konstatieren Folgendes: „Der Landtag von Sachsen-Anhalt geht davon aus, dass die im Land Sachsen-Anhalt für die Durchsetzung der Ausreisepflicht zuständigen Behörden ihr Ermessen bei der Anwendung des Aufenthaltsgesetzes auch unter besonderer Würdigung der persönlichen Situation der Betroffenen ausüben.“

Der kürzlich vorgestellte Jahresbericht der Härtefallkommission im Land spricht aus der Sicht meiner Fraktion eine deutlich andere Sprache. In 24 Fällen - in zehn davon waren Kinder die Betroffenen - prüfte offenbar erst die Härtefallkommission die persönliche Situation der Betroffenen ernsthaft; denn in 24 Fällen wurde eine bereits avisierte Abschiebung ausgesetzt, indem der Innenminister der Empfehlung der Kommission folgte. Die Frage ist doch, was vor dem Tätigwerden dieser Kommission
eigentlich geprüft wurde und wie.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Angesichts verschiedener in der Vergangenheit zu Recht skandalisierter Vorgänge, wie des Versuchs, eine jesidische Familie in Magdeburg in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abzuschieben, bei dem die Mutter der Familie versuchte, sich das Leben zu nehmen, die „unter besonderer Würdigung der persönlichen Situation der Betroffenen“ wirkenden Behörden die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder aber munter fortsetzten und erst beim zweiten Selbstmordversuch der Mutter stoppten - angesichts dieser und anderer Vorfälle, die keine Einzelfälle sind, können wir auch dieser Feststellung in der Beschlussempfehlung ausdrücklich nicht zustimmen, obwohl wir es gern täten, weil wir gern eine andere Situation im Land hätten.