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Hendrik Lange zu TOP 24: Ergebnisse der europäischen Hochschulreform (Bologna-Prozess) in Sachsen-Anhalt

Der Bologna-Prozess gilt als die größte Hochschulreform, die wir im letzten Jahrhundert angestoßen haben. Dieser Prozess hat unterschiedliche Wirkungen auf die Hochschulen. Wirkten die Stufung der Abschlüsse und die Modularisierung an den Fachhochschulen oder an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, wie sie jetzt genannt werden, durchaus positiv, hat die Reform an den Universitäten zu großen Verwerfungen geführt.

Um Erfolge zu messen, muss man die Ziele betrachten, die mit der Reform verfolgt wurden. Gewollt war ein leicht verständliches zweistufiges System mit vergleichbaren Abschlüssen, ein europäisches Leistungspunktesystem, ECTS genannt, die Förderung der Mobilität und - auch das spielte eine Rolle bei den Zielen - studentische Beteiligung auf allen Ebenen.

Was ist heute Realität? Wir haben die zweistufigen Studiengänge weitgehend eingeführt. Aber was ist mit der Vergleichbarkeit? - Das hört schon auf bei der Vergleichbarkeit der Bachelor- und Masterabschlüsse, die an Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. an Universitäten erworben werden. Geschweige denn, dass man im internationalen Rahmen eine entsprechende Vergleichbarkeit hergestellt hätte. Hierbei ist dringend eine Harmonisierung notwendig. Ich glaube, dass der europäische Qualifikationsrahmen irgendwann einmal Gleichwertiges tatsächlich vergleichbar machen wird. Das ist ein Weg, d en man noch gehen muss. Mobilität war das große Versprechen der Reform. Jeder kann überall studieren. Ein Wechsel zwischen Bundesländern ist kein Problem mehr. Irgendwelche Studienwechsel innerhalb von Europa sollten möglich gemacht werden. Das ECTS sollte als Leistungsnachweissystem die Gleichwertigkeit der Studienleistungen darstellen und damit die Vergleichbarkeit erleichtern. Positiv gesagt, liegen hierin noch große Reserven. Oder klar ausgedrückt: Hier hat die Reform völlig versagt.

Ein enger Studientakt, die fehlende Berücksichtigung der sozialen Situation der Studierenden bei den engen Studienbedingungen, die gerade beim Bachelor eine Rolle spielen, lassen kaum noch Zeit für einen Auslandsaufenthalt. Zum Teil können sich die Studierenden das gar nicht leisten.

Studienleistungen, die im Ausland erbracht wurden, werden trotz ECTS oft nicht vollständig oder gar nicht anerkannt. Die meisten Anerkennungen, die es gibt, beruhen auf Vereinbarungen, die zwischen den Hochschulen abgeschlossen werden, ein System, das mit ECTS eigentlich hätte überwunden werden sollen.

An dieser Stelle kann man nur sagen, hier muss sich dringend etwas ändern, hier ist wirklich noch Luft im System, hier muss sich etwas zum Positiven ändern. Ich würde sogar sagen, dass wir mit bestimmten Systemen, die wir zusätzlich einführen, zum Beispiel mit dem Hochschulpakt, bei dem die Abbrecherquoten auch eine Rolle spielen, unter Umständen sogar dafür sorgen, dass etwas geschaffen wird, was der Mobilität abträglich ist. Denn wenn man den Studienplatz während des Studiums wechselt, gilt man an der Hochschule als Studienabbrecher. Das fällt der Hochschule unter Umständen durch den Hochschulpakt auf die Füße. Man muss also sehen, dass nicht durch zusätzliche Systeme, die eingeführt werden, Fehlanreize an den Hochschulen geschaffen werden.

Der Hauptkritikpunkt bleibt der hohe Verschulungsgrad der Bachelor- und Masterstudiengänge, besonders an den Universitäten. Hierzu kann man sagen, dass der straffe Prüfungsrhythmus und die erheblichen Präsenzzeiten dafür sorgen, dass ein entsprechender Druck ausgeübt wird. Wenn man sich vorstellt, dass vorher normale Leistungsnachweise erbracht werden mussten und heute Prüfungen abgelegt werden müssen, die mit vielen Regeln belegt sind, dann sorgt dies natürlich dafür, dass es mit Blick auf die Studierbarkeit zu großen Problemen kommt. An dieser Stelle sind die Hochschulen aufgefordert, die Reform der Reform weiter umzusetzen.

Wir brauchen eine Abkehr von dem System der konsekutiven Studiengänge. Wir müssen dafür sorgen, dass der Wechsel des Studienplatzes von einem siebensemestrigen Bachelorstudiengang zu einem viersemestrigen Masterstudiengang möglich gemacht wird. Zudem brauchen wir eine Entzerrung des Studienprogramms, damit an dieser Stelle tatsächlich etwas an der Qualität verändert werden kann.

Damit sich die Qualität verbessert, brauchen wir endlich ein System, das die Betreuungsrelationen tatsächlich verändert. Es dürfen im Bereich der Hochschulen keine Kürzungen vorgenommen werden. Vielmehr müssen sie das nötige Geld erhalten, damit die notwendigen Betreuungsrelationen geschaffen werden können.

Dies sind Dinge, mit denen wir uns zukünftig beschäftigen wollen. Gut, der Antrag schadet nicht. Man hätte diese Fragen auch in einer Anfrage formulieren können. Wir erhalten vielleicht ein paar interessante Informationen. Sie haben sich wahrscheinlich gedacht, dass man nach 16 Jahren ruhig mal nachfragen kann. Wir wollten damals eine Berichterstattung zu den Hochschulen. Das wäre das Richtige gewesen. Es darf nicht wieder 16 Jahre dauern, bis wir an dieser Stelle die nächste Evaluation vornehmen.