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Hendrik Lange zu TOP 10: Zur aktuellen Hochschulstrukturdebatte in Sachsen-Anhalt

Es war ein langer Weg bis zur Unterzeichnung der Zielvereinbarungen. Das zeigt zum Beispiel auch, dass der Zielvereinbarungszeitraum um ein Jahr verlängert wurde, damit man dann irgendwann einmal zu den neuen Zielvereinbarungen kommt. Das Einzige, was diese Regierung in dieser Zeit wirklich sehr beeindruckend gezeigt hat, ist, dass mit ihr das Chaos regiert.

Die Hochschulstrukturdebatte wurde lediglich durch die Finanzkürzungen vorangetrieben. Ein eigener inhaltlicher Anspruch der Landesregierung, das Bestimmen des Landesinteresses durch die Landesregierung war Fehlanzeige. Anders kann man nicht erklären, warum man beispielsweise im IT-Cluster Mitteldeutschland die Mittel für die Informatikausbildung entsprechend kürzen wollte. Allerdings zieht sich eine Logik durch die Hochschulstrukturplanung der Landesregierung: dass gesellschaftspolitische Bereiche, wie Geistes- und Sozialwissenschaften, eher abgebaut werden und die Hochschulen engstirnig auf wirtschaftliche Verwertungslogik getrimmt werden sollen. Das kann man in der Hochschulstrukturplanung sehr deutlich sehen. Wir bedauern dies ausdrücklich.

Hingegen wurde auf dem Weg zu den Zielvereinbarungen durch diese ganzen Kürzungsdebatten die beliebteste Wissenschaftsministerin in ganz Deutschland gegen den nunmehr unbeliebtesten Wissenschaftsminister ausgetauscht. Zwischenzeitlich wurde die Hochschulmedizin in Halle gänzlich infrage gestellt und es lagen Kürzungsvorschläge auf dem Tisch - ich sage nur: 50 Mio. Euro in Gänze -, die in der Hochschullandschaft keinen Stein mehr auf dem anderen gelassen hätten.

Ein Gutes hatte das Ganze: Es war eine enorme Politisierung im Land zu spüren. Die Studierenden haben gemeinsam mit den Beschäftigten protestiert. Es gab riesige Proteste der Hochschulen. Es gab eine Solidarisierung zwischen den Hochschulen, was in dieser Phase unglaublich wichtig war, und es gab eine Solidarisierung mit den Kulturschaffenden und den Sozialverbänden gegen diese Kürzungspolitik. Dem Druck der Straße ist es zu verdanken, dass diese scharfen Kürzungen, die Finanzminister Bullerjahn vorgeschlagen hatte, jetzt nicht Wirklichkeit wurden.

Jedoch bleibt die bittere Pille, dass 1 800 Studienplätze abgebaut werden, und das, obwohl ein entsprechender Landtagsbeschluss vorlag, nämlich keinen Abbau von Studienplätzen voranzutreiben. Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, der Landesregierung das im Nachhinein legitimiert haben, zeigt, wie wenig ernst Sie Ihre Beschlüsse nehmen.
Als Opposition haben wir unzählige Initiativen im Landtag auf den Weg gebracht. So ist auch unser Ursprungsantrag noch immer aktuell; denn spätestens mit den Entscheidungen zu den Bafög-Millionen hätte klar sein müssen, dass eine Notwendigkeit für Finanzkürzungen im Bereich der Hochschulen nicht mehr gegeben war. Man hätte die Strukturdebatte von einer Kürzungsdebatte abkoppeln können. Das wäre der richtige Weg gewesen.

Dass Sie als Regierung und als Koalition diese Gunst der Stunde nicht genutzt haben, kann nur eines bedeuten: Sie möchten die Hochschullandschaft schleifen. Sie möchten Studienplätze abbauen und Sie wollen damit Qualität in Forschung und Lehre verringern. Das ist Ihre Verantwortung, die Sie für die Hochschullandschaft übernehmen.

Unser Antrag ist bei Weitem nicht erledigt, denn der Minister hat noch immer nicht erklärt, dass er beispielsweise auf die administrativen Eingriffe verzichten will. Im Gegenteil, sie schweben weiter wie ein Damoklesschwert über der Hochschullandschaft, und ich kann insofern nur sagen: Diesem Antrag sollte man weiterhin zustimmen und nicht der Beschlussempfehlung folgen.

Als Opposition haben wir uns allerdings nicht nur in die Kürzungsdebatte eingebunden. Wir haben weiterhin viele Anträge gestellt und uns in Debatten eingemischt, die das Ziel hatten, die Hochschulverträge zu beeinflussen. Ich erinnere daran, dass wir uns im Landtag mit den Beschäftigungsverhältnissen beschäftigt haben, dass wir das Thema der Promovierenden und deren Stellung thematisiert haben. Frauenförderung war ein großer Punkt, mit dem wir uns auseinandergesetzt haben, Inklusion an Hochschulen, Lehrerbildung - alles mit dem Ziel, die Vereinbarungen mit den Hochschulen im Sinne einer parlamentarischen Debatte zu beeinflussen.

Positiv muss man hervorheben, dass davon doch einiges in den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen steht. Ich begrüße ausdrücklich, dass der Status für Doktorandinnen geklärt und in Verträgen niedergeschrieben werden soll, dass der gleichberechtigte Zugang der Fachhochschulabsolventen zur Promotion endlich vorangetrieben wird und Plattformen für kooperative Promotionsverfahren eingerichtet werden. Ich begrüße auch ausdrücklich, dass das Kaskadenmodell zumindest in den Zielvereinbarungen genannt wird und der Zugang ohne Abitur entsprechend verbreitert werden soll.

Allerdings sage ich auch: Um dies umzusetzen und administrativ zu begleiten, sollte dann aber ab 2016 eine neue Landesregierung übernehmen, die für diese Themen das nötige Herzblut und den Willen zur Umsetzung mitbringt, also eine Landesregierung, die möglichst ohne die CDU auskommt.

Auf der anderen Seite machen die Zielvereinbarungen klar, dass den Hochschulen immer mehr Aufgaben zugemutet werden - bei sinkenden Landeszuschüssen. Die Zahl der Studierenden soll gleich bleiben. Das kann nur bedeuten, dass die Qualität in der Lehre sinken wird, wenn man weniger Personal zur Verfügung hat. Allerdings sollen die Absolventinnenquoten in der Regelstudienzeit erhöht werden. Wie das dann im Studienablauf funktionieren soll, ist noch völlig unklar.

Wo ich einen großen Kritikpunkt sehe, ist, dass jetzt zunehmend Bewerbungsgespräch an den Hochschulen geführt werden sollen. Ich finde, das ist erstens der falsche Weg, da der subjektive Eindruck im Vordergrund steht und nicht die Abiturnote. Zweitens bin ich der Meinung, dass es so wenig wie möglich NC-Fächer geben sollte, damit der Zugang zum Studium für die jungen Menschen gewährleistet werden kann. Das ist der eigentlich richtige Weg. Wer diese Bewerbungsgespräche führen soll, wenn weniger Personal vorhanden ist, ist ebenfalls noch völlig unklar.

Bei der Lehrerbildung ist die Chance vertan worden. Dort sind die acht Semester für Grundschule und Sekundarschule leider festgeschrieben. Bei den Investitionen kann man sagen: Für die Unikliniken gibt es große Ausführungen, warum man 5 Mio. Euro pro Universitätsklinikum braucht. Auf
750 000 Euro hat man sich geeinigt und diese festgeschrieben.

All dies sind Kritikpunkte, die mit dem Abschmelzen der Finanzen für die Hochschulen im Zusammenhang stehen, und ich dazu kann nur sagen: Hierzu braucht es ab 2016 eine Änderung, und zwar mit einer neuen Mehrheit hier im Landtag.

Ich will mich nicht an einzelnen Fachbereichen festhalten, aber eine Sache möchte ich schon noch loswerden: Dass man eine Internationalisierungsstrategie  verkündet, dass man die Internationalisierung des Landes in Sonntagsreden bewertet und beurteilt und sie als wichtig erachtet und dann gleichzeitig das Landesstudienkolleg in Halle schließen möchte, das geht nun wirklich nicht zusammen.

Unser Antrag ist auch deshalb nicht erledigt, weil für mich noch nicht geklärt ist, wie durch die Zusammenlegung von Fakultäten Millionensummen eingespart werden sollen. Auch das halte ich für schwierig. Richtig gefährlich ist für die Hochschulen, dass sie die Studiengänge schließen sollen, wenn sie zwei Jahre lang keine 15 Studierenden haben. Dann droht für viele Hochschulen und Studiengänge, dass die Masterstudiengänge geschlossen werden. Das wäre das Aus für die Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Ich komme zum Fazit. Wenn Sie den Antrag ablehnen, bedeutet das, dass Sie ablehnen, dass es keine administrativen Eingriffe geben soll. Sie lehnen ab, dass es keinen Studienplatzabbau geben soll und die Hochschulpaktmittel kofinanziert werden sollen. Sie lehnen ab, dass die Studentenwerke zukünftig auskömmlich finanziert werden sollen, und Sie lehnen eine transparente Berechnungsgrundlage für eine Hochschulstrukturplanung ab. Wir halten an unseren Forderungen fest, deshalb lehnen wir ab, was Sie als Beschlussempfehlung verabschiedet haben.