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Hendrik Lange zu TOP 09: Zur aktuellen Hochschulstrukturdebatte in Sachsen-Anhalt

Als der Landtag das letzte Mal in diesen heiligen Hallen tagte, stellte Minister Möllring seinen ersten Entwurf für einen Hochschulstrukturplan vor. Die Aufmerksamkeit war ihm sicher, denn das Papier wurde mit Spannung erwartet. Ich hoffe, dass wir heute in der Landtagsdebatte mehr vom Minister erfahren, als in der Pressekonferenz. Denn da zog er sich ja im Wesentlichen darauf zurück, dass das Papier nur eine Diskussionsgrundlage sei.

Das Entsetzen über das Strukturkonzept war jedenfalls allseits groß. Denn es wurde nochmal klar sichtbar, welche gravierenden Auswirkungen der sogenannte Bernburger Frieden auf die Hochschullandschaft hat. Renommierte Institute - ja, ganze Fakultäten sollen geschlossen werden. Nachgefragte, ausgebuchte Studiengänge sollen abgewickelt werden. In der Folge werden dringend notwendige Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zerschlagen.

Das ist kein Strukturentwicklungskonzept – das ist ein Strukturvernichtungskonzept.
In dem Konzept von Herrn Möllring wird zwar über Profilierung schwadroniert… aber am Ende wird dem System nur Geld entzogen, die Hochschulbereiche abgebaut und der Rest weitgehend mit dem Wenigen zurückgelassen.

Zukunftsorientierung – Fehlanzeige. Innovationsstrategie – Fehlanzeige. Dem demographischen Wandel entgegentreten- Fehlanzeige. Das einzige was für die Politik dieser Landesregierung zählt ist, dem Rotstift des Finanzministers zu gehorchen. Und das treibt zu Recht die Menschen zu Tausenden auf die Straße. Denn diese Politik der Landesregierung schadet dem Land. Und deswegen unterstützen wir die Proteste.

Und eigentlich, meine Damen und Herren der Koalition, müssten Sie doch alle mit demonstrieren. Denn die Landesregierung will offenbar den Beschluss des Landtags aus dem letzten Jahr nicht einhalten. Keine aktive Absenkung von Studienplätzen haben Sie beschlossen. Das Gegenteil ist der Fall. In der Logik der Landesregierung ist das konsequent. Man kann nur so große Summen aus den Hochschuletats streichen, wenn gleichzeitig Studienplätze abgebaut werden. Denn die Studienplätze richten sich nach Personalstellen und Stellen kosten Geld. Aber der Landtag hat einen anderen Beschluss gefasst. Und der wird nicht eingehalten. Mit unserem Antrag haben Sie die Chance der Landesregierung zu sagen, dass die Studienplätze erhalten bleiben sollen – oder den Demonstrierenden, dass sie den Abbau auch wollen. Haben Sie Mut zur klaren Position.

Über welche Summen und Studienplatzzahlen redet die Landesregierung? In Bernburg wurde verkündet, es ginge um einen Konsolidierungsbeitrag von 1,5 %. Das sind ca. 5 Mio. Euro … in einem System mit 360 Mio. Euro, das chronisch unterfinanziert ist, ist das viel, aber machbar. Doch nun kommt es. Bis 2025 sollen 10 Mio. an den Hochschulen und der Medizin eingespart werden. Hinzu kommen noch die Defizite, die seit 2004 im System aufgelaufen sind an der MLU 6 Mio.; an der OvGU 4 Mio.; an den Fachhochschulen ca. 1,5 Mio. Euro  … Das bedeutet schon allein bei den Hochschulen einen Studienplatzabbau von mehr als 2550. Dazu rechnet die Landesregierung, dass die Beteiligung der Hochschulen an den Tarifsteigerungen und der Inflation ca. 10 Mio. Euro ausmachen. Damit verdoppelt sich aber de facto die Anzahl des Studienplatzabbaus bis 2025. Bedenkt man, dass auf einen Studienplatz derzeit in Sachsen-Anhalt ca. 1,6 Studierende gerechnet werden, bedeutet das einen Verlust von Angebot und Vielfalt für ca. 8000 junge Menschen. Dem Demographischen Wandel etwas entgegensetzen sieht anders aus meine Damen und Herren. Herr Haseloff, machen Sie eine vernünftige Hochschulpolitik, dann müssen Sie auch nicht mit Babystramplern Menschen aus Baden-Württemberg locken.

Keine Fraktion hat sich im Landtag einer Strukturdiskussion verweigert. Und es gibt ja durchaus Vorschläge zur Kooperation, zur Änderung des Studienangebots (wobei bitte nicht Studienprogramme mit Studiengängen verwechselt werden dürfen) Veränderungen, die vorstellbar sind. Und wenn damit das Defizit reduziert werden kann, umso besser. Was die Landesregierung aber macht sind Vorschläge, um noch mehr Geld aus dem System zu pressen. Und dann kommt eben so etwas raus, wie in Magdeburg, wo die Humanwissenschaftliche Fakultät geschlossen werden soll. Wundert mich nicht bei der Landesregierung. Herr Haseloff hat schon oft seine Geringschätzung gegenüber den Geistes- und Sozialwissenschaften gezeigt. Und dass diese Landesregierung kritischen Geist nicht wirklich schätzt zeigt das letzte Jahr. Fast 9 Mio. Euro Einsparung sollte das bringen – obwohl die Professuren erhalten bleiben sollten. Logisch ist das nicht … Na nun hat man nach den Protesten in Magdeburg zugestanden, dass die Fakultät erhalten bleiben darf… aber die Kürzungssumme steht weiter im Raum.

Gern hat die Landesregierung auch die Reduzierung der Anzahl der Fakultäten in Feld geführt. Durch Fusion zweier Fakultäten sollen Einsparungen von 500000 Euro generiert werden. Wie man auf diese Zahl kommt steht in den Sternen. Zumal Großfakultäten kaum noch durch einen ehrenamtlichen Dekan zu leiten sind. Das heißt es kommen eher noch Kosten für Vertretungsprofessuren hinzu. DIE LINKE ist der Meinung, dass die Hochschulen sich selbst ihre Struktur geben müssen. Das verstehen wir unter Hochschulautonomie. Neben Effizienzkriterien muss dabei aber im Wesentlichen die optimale Organisation von Forschung und Lehre handlungsleitend sein.

In Halle hat die Landesregierung zum Teil die Klassiker der Abbaudiskussion aus dem Jahr 2004 wieder aufgegriffen. Neu waren allerdings die Medien- und Kommunikationswissenschaften. Dem vielgepriesenen Medienstandort einen solchen Schlag versetzen zu wollen – das war selbst dem Staatsminister zu viel… Trotzdem soll in dem Bereich 1 Mio. Euro gekürzt werden. Die Psychologie abwickeln zu wollen, obwohl sie in der Lehrerausbildung gebraucht wird und schon jetzt zu wenige Psychotherapeuten im Land sind, ist ebenso kurzsichtig, wie die Sportwissenschaften vom Olymiastützpunkt vertreiben zu wollen. Genau so ein Klassiker ist die Abwicklung der Geowissenschaften – in einer Bergbaulandschaft zeugt dieser Vorschlag von besonderer Weitsicht.

Und dann soll die Informatik geschlossen werden. Bioinformatik soll bleiben, aber die Informatik soll weg – Anrede, wer so etwas vorschlägt hat einfach keinen Ahnung von Forschung und Lehre in diesem Bereich. Zudem sitzen etwa ein Drittel der IT-Unternehmen des Landes in und um Halle. Sie setzen auf die Kooperation mit der Universität und auf die AbsolventInnen. Ein Minister, der so etwas vorschlägt hat weder den Titel Wirtschafts- noch Wissenschaftsminister verdient. Warum musste der Mantel der Geschichte nun grade in Niedersachsen wehen?

Und noch ein Klassiker… die Schließung des Studienkollegs. Sämtliche schönen Worte über die Internationalisierungsstrategie werden doch durch diesen Vorschlag ad absurdum geführt. Zumal in Köthen nicht aufgestockt werden soll… Dadurch würden auch Kurse richtig wegfallen. Ein trauriges Beispiel von provinzieller Politik.
Und um den Studienstandort gänzlich unattraktiv zu machen, sollen die Mittel der Studentenwerke gänzlich gestrichen werden. Das passt in die CDU-Ideologie, nach der nur studieren soll, wer sich das auch leisten kann. Nach Sachsen-Anhalt passt das nicht.

Viel Phantasie hat die Landesregierung auch den Hochschulen für angewandte Wissenschaften zukommen lassen. Auch wenn die Einschnitte kleiner sind, wird sich das bei den geringeren Budgets ebenfalls verheerend auswirken. Und ob die Vorstellungen umsetzbar sind, da setze ich mal ein großes Fragezeichen.
Einhergehen sollen die Abbaupläne mit einem drastischen Abbau der Hochschuldemokratie. Top Down statt demokratische Mitbestimmung, das ist ein Markenzeichen der CDU in der Hochschulpolitik. DIE LINKE setzt ganz klar Mitbestimmung aller Statusgruppen und Entscheidung vor Ort dieser autokratischen Politik entgegen.

1 Euro, der in die Hochschulen fließt vervielfacht sich in der Region, vervielfacht sich im Land. Die Hochschulen sind der Innovationsmotor in Sachsen-Anhalt und Garant dafür, den demographischen Wandel zu verändern. Sie schaffen kulturelle und intellektuelle Vielfalt, sie sind Ort des kritischen, demokratischen gesellschaftlichen Diskurses. Ihre Forschungsleistungen schaffen internationales Renommee und Gesellschaftlichen Mehrwert. Die Hochschulen bilden junge Menschen für das ganze Land. Deswegen möchte DIE LINKE mit diesem Antrag erreichen, dass keine Strukturentscheidungen von oben aufoktroyiert werden. Dass die Hochschuldemokratie gestärkt und nicht geschwächt wird.  Dass keine Studienplätze abgebaut werden. Dass die Studentenwerke weiter durch das Land angemessen gefördert werden. Und dass die Berechnungsgrundlagen endlich transparent gemacht werden. Der Landtag muss frühzeitig in die Diskussionen eingebunden werden.

So, wie die Landesregierung die Strukturdiskussionen führt, schadet sie dem Land. Sie schadet den Hochschulen, die um ihr Ansehen, um Wissenschaftler, Studierende und Forschungsmittel kämpfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen stoppen Sie die Landesregierung in ihrem Kurs – stimmen Sie unserem Antrag zu.