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Hendrik Lange zu TOP 08: Forschungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt

Drei Humboldtprofessuren, zahlreiche Forschungspreise wie z.B. der Leibnizpreis, Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Drittmitteleinwerbungen - die Liste für positive Entwicklungen in der Forschungslandschaft ist durchaus beachtlich. Auch lobenswerte Initiativen zu Ausgründungen und die Entwicklung der Technologie- und Gründerzentren (TGZ) sind beachtlich. Aber dass unsere Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen diese Leistungen erbringen, geschieht trotz dieser Landesregierung und nicht wegen ihr. Denn wenn die letzten fünf Jahre Hochschulpolitik, das Gezerre um einen Hochschulstrukturplan – der keiner ist – und jetzt auch die Antwort auf die Große Anfrage eines gezeigt hat, dann ist es erhebliche Plan- und Strategielosigkeit.

Nun ist es ja in solchen Aussprachen für eine Große Anfrage üblich zu Danken. Ich will das mal auf den Teil der Fleißigen Datensammlung beschränken, weil dieser als Übersicht und Bestandsaufnahme durchaus nützlich ist. Aber insbesondere der Erste Teil der Fragen lädt sehr zur Sprechblasenbildung ein. Und das hat die Landesregierung auch abgeliefert.

Aber auch die konkreten Antworten lassen wenig Platz zur Freude. So liegt Sachsen-Anhalt bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) mit 1,43 % weit unter dem 3 % Ziel der Lissabon-Strategie. Hier ist die Antwort auch besonders schön. Denn die Frage zielte auf den Zeitpunkt der Verabschiedung der Lissabon-Strategie im Jahr 2000 und die Entwicklung bis heute. Antwort: 2000…1,4 % dann gesunken 2004 auf 1,15 aber dann gestiegen um unglaubliche 25 % auf 1,43 %. Was für eine Erfolgsmeldung. Allerdings, eine solche Antwort in eine Anfrage zur Forschung zu geben, hat schon was für sich. Denn der Fehler, der zum Punktabzug führen würde, liegt auf der Hand. Denn über den Gesamtzeitraum gibt gerade mal eine Steigerung von 2 %. Und das ist die Bilanz der Landesregierung die sich auch einordnet in die Bilanz zur Wirtschaftsentwicklung.

Und zu dieser Wahrheit gehört auch, dass Sachsen-Anhalt den geringsten BiP-Anteil an FuE in den ostdeutschen Bundesländern hat. Selbst Mecklenburg-Vorpommern ist an uns vorbeigezogen. Und wir reden hier von den Zahlen 2013. Da gab es die Exzellenzinitiative des Landes noch. Und hier zeigt sich ein weiteres Problem. Die meisten in der Antwort erwähnten Programme sind ausgelaufen. Bei vielem was gut angenommen wurde, gab es keine Zwischenfinanzierung – z.B. die FuE-Richtlinie und Egopiloten. So dass immer etwas wegzubrechen droht, oder wegbricht, wenn die Anschlussfinanzierung ausbleibt. Was beim Übergang zwischen den Förderperioden und -programmen besonders auffällt ist, dass die Landesregierung überhaupt keine exakte Einschätzung von der Wirksamkeit ihrer Programme hat. Sie philosophiert zwar in der Antwort auf Frage 34 vom Monitoring und Evaluationen. Aber die bisherige Wirksamkeit der Instrumente spielt keine Rolle.
Ein weiteres Beispiel ist die Antwort auf die Zahl der Ausgründungen aus den HS.  1000 Gründungen in den letzten 10 Jahren. Klingt beachtlich. Bei den geschaffenen Arbeitsplätzen (3000) sagt die Landesregierung zu Recht, aber immerhin von selbst, dass da noch Luft nach oben ist. Wie viele Unternehmen aber heute noch existieren, dafür gibt es keine Zahlen. Das finde ich äußerst bedenklich, wenn man dann so manche Bilanz-Broschüre liest.

Auch DIE LINKE setzt auf das Innovationspotential durch die Forschung im Land. Auch wir wollen diejenigen Unterstützen, die Forschungsergebnisse zu Marktfähigen Produkten entwickeln. Allerdings hörte dieser Prozess viel zu oft bei der Patentverwertung auf. Wir setzen darauf, auch in unserem Bundesland die Gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Produktion und Vermarktung zu installieren. Das muss doch endlich Ziel von Wirtschaftsförderung im innovativen Bereich sein.

Wir halten die Verknüpfung von Forschung und Entwicklung mit unseren klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) für wichtig. Wir wollen vor allem zukünftig versuchen, mit niedrigschwelligen Angeboten den KMU im Bereich Forschung und Entwicklung weiter zu helfen. Insbesondere hoher bürokratischer Aufwand muss hinterfragt werden. Wir wollen Netzwerke wie KAT unterstützen, die sowohl kreative Unternehmen als auch KMU und die Wissenschaft zusammenbringt. Landesmittel für Forschung und Entwicklung müssen gezielter für die Entwicklung innovativer Produkte der kleinen und mittelständischen Unternehmen des Landes eingesetzt werden.
Neben der Bereitstellung von Fördermitteln zur Gründung sind die Beratung, Begleitung, Qualifizierung und der Erfahrungsaustausch über den gesamten Innovationsprozess entscheidend für den Erfolg. Dies bedeutet auch, Gründerinnen und Gründer sozial abzusichern, z.B. durch Zuschüsse zur Krankenversicherung und Altersvorsorge.

Wir sehen Gründung aus den Hochschulen oder basierend auf deren Forschungsergebnisse als Chance. Aber wir unterscheiden uns deutlich von der CDU-geführten Landesregierung. Ihr einseitiges Bild von der unternehmerischen Hochschule ist gerade zu gefährlich. Die Hochschulen sind weder auf die Funktion der Erfüllungsgehilfen der Wirtschaft zu reduzieren noch auf die Funktion von Transfereinrichtungen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe die Grundlagenforschung zu tragen und Studierende zu bilden. Natürlich sollen gerade unsere Hochschulen für angewandte Forschung auch anwendungsorientiert arbeiten. Aber alle Hochschulen in diese Richtung zu entwickeln, vermindert geradezu den Wert für die Gesellschaft, aber auch für die Wirtschaft. Denn sie stellen ja zu Recht fest, welche Bedeutung die Grundlagenforschung hat. Die Hochschulen brauchen die Freiheit der Forschung und Lehre. Und sie brauchen die nötige Breite, damit interdisziplinär neue wissenschaftliche Ergebnisse generiert werden können. Wir haben gut ausgestattete Außeruniversitäre Institute. Aber alle sind sich einig, dass die Schwächung der Hochschulen durch die immerwährenden Kürzungsrunden das Innovationssystem Wissenschaft als Ganzes schwächt. Und dazu hat diese Landesregierung viel beigetragen, genau wie schon 2004.

Und es wir ein weitere Webfehler deutlich. Die Wissenschaftseinrichtungen immer weiter zu Projektmitteln zu drängen, das führt zu immer mehr befristeten Arbeitsverhältnissen und sorgt dafür, dass unser System unattraktiv wird und gute Leute verloren gehen.
Wir stehen dazu, dass wir Umsteuern müssen zu einer stärkeren Institutionellen Förderung damit die Grundfinanzierung stabilisiert wird.

Die Antworten der Landesregierung zeigen, dass sie Wissenschaft überwiegend unter Nützlichkeitsaspekten und Verwertbarkeitskriterien betrachtet. Die großen Forschungsbereiche der Geistes- und Sozialwissenschaften, Herausforderungen bei der Didaktischen Forschung für die künftige Lehrerbildung und viel andere Forschungsbereiche werden nur am Rand wahrgenommen. Das Land vergibt sich aber etwas, wenn es hier nicht die Guten Institute pflegt, die es zum Glück hat. Zudem braucht es endlich einen Ausbau der Begleit- und der Risikoforschung bei Innovationen mit Risiken.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion ist lückenhaft, zeugt von Strategielosigkeit und dem Schönen der Realität. Sie ist wie diese Landesregierung und Ihr Protagonist im Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium selbst: Müde und uninspiriert. Das Land hat Besseres verdient.