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Eva von Angern zu TOP 08: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt

Zunächst möchte ich schon vorwegnehmen, dass wir der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss zustimmen werden. Wir sehen die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Namensänderung als unproblematisch an. Das Problem, das wir haben, ist der fortgesetzte Einsatz des IMSI-Catchers. Ich denke, es ist einiges gesagt worden, aber nicht alles.

Insbesondere ist nicht gesagt worden, dass ein IMSI-Catcher beispielsweise die NSU-Morde nicht verhindert hätte und auch momentan nicht verhindern würde. Ich denke, dass es bei all den Dingen, die wir dem Verfassungsschutz an die Hand geben, ein wesentliches Merkmal ist, dass wir genau hinschauen müssen, welches Instrument tatsächlich sinnvoll ist. Die vorgelegte Evaluation war schon mehrfach hier im Parlament Thema. Wir haben schon mehrfach über die Zeiträume der Evaluation gesprochen. Zweimal ist es schon verschoben worden. Wenn man die Evaluation mit einem Umfang von zweieinhalb Seiten liest, dann sieht man deutlich, wessen Handschrift sie trägt, nämlich die des Verfassungsschutzes.

Nur versuche ich gar nicht erst, das Bild des auszutrocknenden Teiches heranzuziehen, weil es darum heute tatsächlich nicht geht. Aber die Frage ist doch, welchen Anspruch wir als Parlament an Evaluationen haben. Wenn wir, wie im vorliegenden Fall, Evaluationen vornehmen, dann finde ich es nicht unwichtig, beispielsweise den Hinweis, den uns der Landesbeauftragte für den Datenschutz in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht unter dem Titel „Sicherheit und Freiheit“ aufgegeben hat, noch einmal aufzugreifen. Ich zitiere aus dem Tätigkeitsbericht: „Wer denn eine Verlängerung von Maßnahmen oder sogar neue zusätzliche Befugnisse zumal für die Sicherheitsbehörden verlangt, muss nachvollziehbare Belege für die Eignung und Notwendigkeit bringen.“

Die Sicherheit wächst nicht dadurch, dass die Politik Instrumente plakativ nur fordert und dazu abstrakt auf Bedrohungen und Risiken hinweist. Pauschale Entfristungen von Gesetzen sind keine seriöse Evaluation. Ich halte das, was wir hier vorgelegt bekommen haben, für genau das eben nicht, für keine seriöse Evaluation.

Ich möchte auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2005 hinweisen, in dem durchaus eingeräumt worden ist, dass natürlich angesichts des ständigen technischen Wandels vom Gesetzgeber darauf geachtet werden muss, wie weit das Zeitalter fortgeschritten ist bzw. gegebenenfalls dass gesetzgeberisch zu korrigieren ist. Aber es ist eben auch zu prüfen, wie effektiv verfahrensrechtliche Vorkehrungen sind. Daran muss alles gemessen werden. Erreicht der Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte tatsächlich das verfolgte Ziel, nämlich die öffentliche Sicherheit. Auch daran müssen sich die zweieinhalb Seiten Evaluationsbericht messen lassen.

Nun haben wir gehört: Es gab einen Fall. Es gab einen äußerst zurückhaltenden Gebrauch. Da stellt sich mir die Frage, warum. Das wäre ein Punkt gewesen, der in der Evaluation eine Rolle hätte spielen müssen. Es ist gesagt worden, dass die Anordnung unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erging. Wenn ich solch eine ausdrückliche Formulierung lese, werde ich erst einmal hellhörig, nicht allein, weil ich in der PKK sitze, sondern weil mich so etwas grundsätzlich hellhörig macht. Ich gehe davon aus, dass es bei allem Handeln genau so passiert.

Die Erkenntnis der Maßnahme war, dass eine Mobilfunkkarte gefunden wurde, die auf eine nichtexistente Person angemeldet ist. Welcher Ermittlungserfolg damit einhergegangen ist, steht nicht im Evaluierungsbericht. Es gibt auch nicht den eloquenten Hinweis, dass man das aus Gründen der Geheimhaltung in der Parlamentarischen Kontrollkommission referieren würde. Nein, dazu steht gar nichts darin.

Wir finden keine Netzwerkstruktur, die ja das verfolgte Ziel des Einsatzes des IMSI-Catchers sein sollte. Von daher ist es aus meiner Sicht eine sehr mutige Schlussfolgerung, wenn es dann heißt, der IMSI-Catcher sei ein bislang verfügbares und ermittlungstaktisch unverzichtbares Instrument für die Aufgabenwahrnehmung, das nicht aufzugeben ist.

Erlauben Sie mir diesem Einschub: Wenn ich in meiner Ausbildung als Juristin das Attribut „unverzichtbar“ verwendet habe, hat man mir gesagt, ich habe keine Argumente, sonst bedürfe ich solcher Attribute nicht.

Das Erschreckende ist, dass das, was wir im Gesetzentwurf lesen, identisch mit dem Text der Gesetzesbegründung ist. Man kann schon sagen: Und täglich grüßt das Murmeltier. Auch hier ist wieder festzustellen, es fehlen einfach die Argumente im Land für den weiteren Einsatz des IMSI-Catchers. Sie haben sich zum Helfershelfer der Landesregierung gemacht. Sie haben als Koalitionsfraktionen diesen Gesetzesänderungsentwurf eingebracht. Deswegen müssen Sie sich jetzt auch die Kritik anhören.

Wir werden dennoch der Überweisung zustimmen. Denn ich finde schon, dass zumindest der Datenschutzbeauftragte dieses Landes im Rahmen einer Anhörung zu dieser Thematik zu Wort kommen sollte. Wir haben mehrere neue Mitglieder in dem Innenausschuss, die sich auch einmal die Sinnhaftigkeit des IMSI-Catchers vorstellen lassen sollten. Deshalb werden wir eine entsprechende Anhörung im Ausschuss beantragen.